Jiří Georg Dokoupil gehört zu den international bekanntesten und renommiertesten Künstlern seiner Generation. Er wurde 1954 in Krnov in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und emigrierte als Kind mit seiner Familie nach Deutschland. 1976 beginnt er Freie Kunst zunächst an der Fachhochschule für Kunst und Design in Köln und dann an der Cooper Union in New York zu studieren. Als Gründungsmitglied der Kölner Künstlergruppe „Mülheimer Freiheit“ lehnte er die reduktive, strenge und unnahbare Natur von Minimal und Conceptual Art in dieser Zeit ab. Die maßgeblich durch die Punk-Bewegung beeinflusste Hinwendung zu einem neoexpressionistischen und plakativen Malstil hielt nur kurz an. Stattdessen entwickelte und perfektionierte er Maltechniken, die ihm ermöglichten Bilder zu fertigen, die trotz ihrer konzeptuellen und technisch methodischen Strenge spielerisch und dynamisch erscheinen. Die formale Komposition, die sich aus dem Malprozess selbst ergibt und die der Künstler ständig weiterentwickelt, ist absolut virtuos. Die Galerie Jahn zeigt in ihrer zweiten Einzelausstellung neben „Seifenblasenbildern“ und „Schaumbildern“ auch eine Auswahl an Papierarbeiten mit Seifenblasen. Bei diesen Papierarbeiten handelt es sich um eine Besonderheit, die in dieser Form erstmalig öffentlich gezeigt wird.
Die Ausstellung zeigt Beispiele beider Werkreihen, die der Künstler bewusst gemeinsam ausstellt. Der Betrachter wird in die Lage versetzt beide Bilder miteinander zu vergleichen und sie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu untersuchen. Was beide eint, ist die virtuose Ästhetik und die Betrachtung einer schöpferischen Perfektion. Der Künstler zeigt kontinuierlich vielfältige Experimente mit nicht-traditionellen Medien- und Chemieprozessen. Es sind in beiden Fällen „alchemistische Verbindungen“ aus kostbaren Pigmenten wie beispielsweise Diamantstaub oder Lapislazuli und Seife die sich miteinander verbinden. Dokoupil zeigt Ergebnisse von chemischen Prozessen. Die Ergebnisse dieser Prozesse bestehen aus mit Metallpigmenten und Diamantstaub angereicherten Seifenlaugen. Sie sehen aus wie mit einem Mikroskop aufgenommene Molekülschichten und lichtdurchlässige Blasen. Die daraus resultierenden, organischen Formen setzen sich auf der Leinwand mit berechneter Spontaneität nieder und zeigen holographische Tendenzen sowie verlagernde Perspektiven. Für die Schaumbilder gilt es ähnlich, wobei die Bilder starke amorphe, an Schwämme oder Korallen erinnernde Züge tragen. Sie scheinen aus sich heraus zu leuchten.
Die neuen großformatigen „Seifenblasenbilder“ und „Schaumbilder“ sind Ergebnisse einer seit den frühen 1990er Jahren andauernden Forschungsarbeit, die sich seither anhand der virtuosen Ergebnisse in Form der „Seifenblasenbilder“ nachvollziehen lässt. Das von Friedrich Nietzsche beschriebene Paradigma: „Kunst darf man den Entstehungsprozess nicht ansehen, sondern muss als von je her existent betrachtet werden können“, lässt sich gleichermaßen belegen sowie widerlegen. Ohne den Experiment- und Forschungscharakter der Bilder zu kennen, erscheinen sie als perfekte Bildwelten wie wir sie aus der Mikroskopie vermuten würden. Perfekt wie die Schöpfung selbst. Mit dem Wissen um die Entstehungsart sind sie gleichermaßen virtuose Ergebnisse von künstlerischem Forschen. Der Künstler wird zum Schöpfer und betrachtet das Ergebnis und sieht, dass es gut ist! Erst durch diese Entscheidung erhebt er es in die Sphäre der Kunst.
(Wolf Guenter Thiel)