Mit einem mehrteiligen Kunstprojekt führt Paul Schwer seine Auseinandersetzung mit Ulrich Müther in diesem Jahr fort. Schon 2022 hatte der Künstler aus Düsseldorf dazu im Binzer Rettungsturm eine beeindruckende Sound-Lichtinstallation umgesetzt. Ausgangspunkt seiner erneuten Annäherung ist Ulrich Müthers Umgang mit dem architektonischen Körper als Grenze zwi- schen Innen und Außen. Ein Thema, dass der Rügener Baumeister in Bauten auf Rügen exemplarisch umgesetzt hat. Die Rettungsstation beispielsweise nähert sich einer Auflösung des Baukörpers in Bezug auf Meer und Himmel an, während die konträr aufgefasste „Taucherglocke“ der Bushaltestelle in Buschvitz den Außenraum ausschließt und einen Schutzraum anbietet.
Zu Nordstream 3 werden installative Objekte des Künstlers an zwei Orten – auf dem Putbuser Circus und am Kap Arkona – zu sehen sein. Titelgebend war der Versuch des Künstlers, vom Bundesministerium für Wirtschaft eine der überflüssig gewordenen Nordstream-Röhre auszuleihen. Weil dies nicht möglich war, entschloss er sich zu einem Nachbau der Röhrenform als Modul diverser Installationen in Deutschland. Mit seiner künstlerischen Auseinandersetzung erweitert Paul Schwer Nordstream 2 zu „Nordstream 3“ und involviert die Thematik in ein komplexes Spiel von ästhetischer Wahrnehmung, Ökonomie und Ökolo- gie. Als Referenz an die Architektur des Rondellplatzes Circus in Putbus, entwickelte er diese „Röhre“ aus einem Achteck und machte sie für das Publikum begehbar. Mit durchscheinenden Farbplatten, recyclten Siebdrucken, Lochblechen und Streck-gittern beplankt, bleibt die Grenze der liegenden Skulptur offen und weitet sich je nach Lichteinfall und Blickwinkel. Die Skulptur verschärft das Thema der durchlässigen Grenze durch den Einbruch von Natur, indem halbseitig die Bohne „ Blaue Hilde“ am Gestell emporrankt. Die Ruine des ehemaligen Signalhornturms am Hochufer von Kap Arkona hingegen, wird teilweise umhüllt und lädt in einen betretbaren, geschützten Innenraum ein, dessen Wände mit Schablonenbildern markiert sind, die u.a. Müther-Bauten und eine isländische Schutzhütte am Gletscher zeigen.
- Susanne Burmester