Nexus - Bernd Zimmer

28.10.2021 - 26.02.2022
Galerie Wolfgang Jahn | München

Bilder der Ausstellung


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Beschreibung

Unter dem Ausstellungstitel „Nexus“ zeigt die Galerie Wolfgang Jahn in München ausgewählte Arbeiten aus dem aktuellen Schaffen von Bernd Zimmer. Zimmer zählt zu den Hauptvertretern der Künstlergruppe der „Heftigen Maler“, die sich in den frühen 1980er Jahren in Berlin formierte und deren künstlerischer Stil von einer farbintensiven und gestischen Malerei bestimmt ist. Doch hat sich sein künstlerischer Ausdruck seitdem kontinuierlich fortentwickelt. Erst unlängst, im September 2021, hat er mit der Fertigstellung seines konzeptuellen Großprojekts „Stoa 169“, einer Säulenhalle im oberbayerischen Polling mit 121 individuell gefertigten Säulen von internationalen Künstlerinnen und Künstlern für mediales Aufsehen gesorgt.

Der Begriff „Nexus“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Verknüpfung“, „Verschlingung“, „Windung“, bezeichnet also im übertragenen Sinne das  Vorhandensein einer „Verbindung“ und eines „Zusammenhangs“. Bezogen auf das Werk von Bernd Zimmer, liest sich dieser vom Künstler ausgewählte Titel vor allem in seiner wörtlichen Herleitung wie eine vortrefflich präzise Verschlagwortung seiner Kunst. Dies sowohl in inhaltlicher als auch formaler Hinsicht, lässt der Begriff doch vielfältige Assoziationen beim Betrachten seiner Bilder aufkommen.

In seinem malerischen Werk bewegt sich Zimmer auf dem Grad zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Seine Arbeiten, die vordergründig die Natur zum Motiv haben, weisen dabei jedoch nur Referenzen zur Wirklichkeit auf. Ohne konkret abzubilden, verbinden sie sich im Wortsinn des „Nexus“ mit abstrakten Strukturen, die ein gänzlich malerisches Eigenleben auf der Bildfläche entwickeln. Zimmer entführt uns in von ihm verarbeitete und kreativ zu Ende gedachte Sinneseindrücke von Landschaften, scheinbaren Ufern mit Baumbewuchs, angedeuteten Gewässern mit Wasserspiegelungen. Oder er katapultiert den Betrachter gleich direkt in die kosmischen Weiten des Weltalls, wo er ihn mit geheimnisvollen, bildgewaltigen physikalischen Phänomenen wie Supernovae und schwarzen Löchern konfrontiert. Dabei sind in seinem Atelier Bilder entstanden, die tatsächlich eine gefühlte Sogkraft erzeugen. 

So weit gefasst, aber eben auch konträr zueinander diese Szenerien anmuten - von vertrauten heimischen Ufern bis hin zu unbekannten fernen Galaxien - der „Nexus“ hier ist schon rein formal der unverkennbare malerische Stil Bernd Zimmers. Betrachtet man die Farb- und Formgebung der gezeigten Bilder, so erkennt man nur kaum bis wenig festgefügte, klar konturierte Strukturen. Vielmehr sind es fließende wie auch expulsiv auseinanderdriftende Farbausschüttungen, -übergänge und-überlagerungen, die durch eine Verdünnung und damit Verflüssigung der Farbe erreicht werden. Durch ihre vom Künstler und Zufall gelenkten Fließspuren entfalten die Farben ein entfesseltes Eigenleben, das sich in bizarren Formausprägungen manifestiert. Dazu gesellen sich verästelnd ausgreifende Formelemente und klecksartige Strukturen, die in ihren Verlaufspuren wie das Auseinanderdriften von Tintentropfen auf einem senkrecht gehaltenen Papier anmuten. Mitunter entstehen daraus gänzlich abstrakte Elemente oder aber auch Baumstrukturen. Dann wieder sind es schlängelnde und sich windende Wellenformen, die sich überlagern und durchdringen und in ihrer unterschiedlichen Farbigkeit das bewegte, sich ständig spiegelnde und verändernde Spiel der Wellen auf der Wasseroberfläche faszinierend zum Ausdruck bringen. So entsteht ein Zusammenspiel von Form und Farbe, das sich in einem Übereinander und Übergängen ergießt, in „Windung“, gegenseitiger „Verschlingung“ und „Verflechtung“, ganz so wie es der Begriff „Nexus“ wörtlich zum Ausdruck bringt.

Mit dem Titel seiner Werkserie „Alles Fliesst“, in der der Künstler gewellte und spiegelnde Wasseroberflächen zeigt, rekurriert Bernd Zimmer in deutscher Übersetzung auf den antiken Aphorismus „Panta Rhei“, der auf den griechischen Philosophen Heraklit zurückgeht. Dieser vergleicht in seiner Lehre das Sein mit einem Fluss, in dem man bildlich gesprochen, nicht zweimal steigen kann, da das Gewässer jedes Mal neue Wassermassen mit sich führt und man sich zudem selbst verändert hat. 

Heraklit selbst spricht in seinen Schriften wiederum von einem „Nexus“, einer „Verbindung“, wenn er, fast schon wie eine Bildbeschreibung der Werke Bernd Zimmers, konstatiert:

„Verbindungen: Ganzes und Nichtganzes, Zusammengehendes und Auseinanderstrebendes, Einklang und Missklang und aus Allem Eins und aus Einem Alles.“ 

Formal wie inhaltlich scheinen die heraklitischen Bezüge in den Werken von Bernd Zimmer ihren visuellen Ausdruck zu finden.  Das Große im Kleinen, das Kleine im Großen, aus Allem Eins und aus Einem Alles. Die verästelnden Formen, Farbsprenkel, klecksartigen Strukturen und wabernden Farbgebilde, die sich rein geometrisch abgezirkelten Formelementen bewusst verweigern, entwickeln in ihren Ausprägungen fast schon einen organischen und pulsierend belebten Charakter, der zuweilen an Zellstrukturen, Synapsen, Kapillargefäße und Adern denken lässt. Und somit an jene Strukturen aus denen ein Organismus, ja das Leben und Sein erst entsteht. Und im Ansatz vergleichbar, wie es im subatomaren Bereich des Mikrokosmos der Fall ist, wo sich Elektronen in ständiger Bewegung um den Atomkern bewegen, kreisen auf der großen Skala im Universum die Planeten auf Bahnen um die Sonne. 

Auch bei Bernd Zimmer scheinen sowohl die irdischen Landschaften und Ansichten, in denen ihr Wesen und damit das Wesentliche zum Ausdruck kommt, wie ebenso seine mitunter fantastisch anmutenden Aus- und Einblicke in das Weltall beseelt und belebt von einer Form- und Bildsprache, in denen aus einer Vielzahl gewachsener autonomer Strukturen Verbindungen entstehen, die im Zusammenspiel zum orchestrierten Einklang eindrucksvoller Bildfindungen werden.  

Dr. Veit Ziegelmaier

 

Diese Ausstellung wird von der Stiftung Kunstfonds als Teil des Programms NEUSTART KULTUR gefördert.

 

 


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